Wieder mitten in der Nacht aufgewacht. Draußen fallen schwere Regentropfen auf die Fensterbleche mit einem Geräusch wie leise Schüsse. Tack, tack tack, tack. Unregelmäßig, dass ist das Schlimmste, und die Kälte im Raum, sowie die volle Blase, holen ihn aus dem, so nötigen Schlaf. Vier Uhr, der Rest der Welt schläft. Kaum ein Auto auf der sonst so befahrenen Straße vor dem Haus. An Schlaf ist nicht mehr zu denken, auch wenn er genau weiß, heute Mittag wird er die Augen kaum aufhalten können. Egal! Irgendwie freut er sich, denn so hat er Zeit. Die Zeit morgens, wenn selbst der Hund schläft und mit nichts, aus seinem Bett zu vertreiben ist.
Diesen Kampf hat er schon lange verloren. Dies Wollknäuel von Hund hat erst das Bett seiner Frau erobert, um dann langsam seine Hälfte zu annektieren.
An Tagen wie heute, wenn er mal wieder auf dem Sofa eingeschlafen ist, gehört seine Betthälfte ganz dem Hund.
Er schläft aber nicht auf dem Sofa, um dem Hund das Bett zu überlassen, ehrlich. Das mit Sofa ist eine andere Geschichte.
Jetzt hat er den Esstisch und ehrlich gesagt, das ganze Haus für sich alleine. Das hat er als „Home Office Worker“ zwar den ganzen Tag. Seine Frau arbeitet außer Haus. Aber diese Stunden morgens um fünf haben noch einmal einen eigenen Charme.
Sicherlich quälen sich gerade die ersten Menschen aus dem Bett, die meisten eher mit Widerwillen. Sich fertig machen für die Arbeit, im Krankenhaus oder im Handwerk. Beides Berufe, die schon mal um sechs mit der regulären Arbeit beginnen. Alle Schichtdienst arbeitenden Menschen starten oft um diese unchristliche Zeit. Nicht mehr lange und der Verkehr nimmt zu. Lebt er doch in der Nähe von drei Krankenhäusern, an einer Einfallsstraße in die Stadt. Da ist morgens schon einiges los auf der kleinen zweispurigen Straße mit den breiten Fuß- und Radwegen. Die Stadt hat sich vorgenommen, dem Auto weniger Platz zu widmen.
Eigentlich ein guter Ansatz, Hauptsache die Autofahrer wissen das auch, sonst staut sich der Verkehr nur an den Engstellen, wie einspurigen Kreuzungen.
Da fällt ihm ein, wie sehr in dieser Stadt gestritten wird, über den richtigen Umgang mit dem Auto und anderen Verkehrsteilnehmern.
Leider sehen viele Bürger nicht, dass die Stadt hier versucht, einen neuen Weg zu gehen. Die Menschen wollen keine neuen Wege, sondern die Bequemlichkeit, die sie sich hart erarbeitet haben. Das die Alternative darauf hinausläuft, dass sie ihre Bequemlichkeit gänzlich verlieren, wollen sie nicht wahrhaben. Dass ein frühzeitiges, seien wir ehrlich ist es schon jetzt zu spät um einzulenken, eine geplante Änderung ermöglicht, sehen sie nicht. Menschen wollen ihren Status Que erhalten, so sind wir nun mal. Das Auto, in Deutschland, ist vielen wichtiger wie die Menschen, mit denen wir einen Haushalt teilen. Unser Leben dreht sich um diese eckigen Dinger, die es uns ermöglichen, von A nach B zu kommen, wann immer wir wollen. Ein großer Teil unseres Wohlstands hängt am Auto. Sich davon zu verabschieden ist ähnlich, wie einem ostdeutschen Bürger mit der Grenzöffnung die politische Grundlage seines ganzen Lebens zu nehmen. Da kann viel kaputtgehen. Die Kunst wäre, die Menschen auf die Änderungen vorzubereiten, sie mit zu nehmen, und in kleinen Schritten auf das neue Ziel zuzugehen.
Ach wenn die Politik doch nur so weitsichtig wäre. Was amerikanische Unternehmen perfektioniert haben, um ihre Produkte an den Mann zu bringen, psychologische Manipulation, beherrschen die Politiker selten. Und wenn dann geht’s in die falsche Richtung. Erstaunlicherweise funktionieren solche Spielchen am besten, gegen die Bevölkerung und zum Wohle einiger weniger. Wenn es um echte Verbesserungen für das Volk geht, dann ist da niemand, der in der Lage ist, Menschen zu begeistern und mitzunehmen.
Dann sollen Gesetze und Verbote die Bürger schützen. Selbst ein Blinder sieht, wo hier der Fehler liegt.
Was ist nur los mit unseren Führungskräften, mit all den Menschen, die einmal angefangen haben sich zu engagieren, um Verbesserungen einzuleiten. An welcher Stelle verlieren sie die eigentlichen Ziele aus den Augen und ersetzen diese mit: „Hauptsache ich kann meine Ideen umsetzen, koste es was es wolle.“
Wann hat sich die Politik von einer sachlichen Auseinandersetzung zum persönlichen Kampf gewandelt. Als Politiker nicht mehr an den Themen interessiert waren, sondern nur daran, weiter an der Macht zu bleiben.
Wenn die Themen dieser Gesellschaft nur abgearbeitet werden, um weiterhin in der Regierung zu bleiben, sollte die Politik ausgetauscht werden. Solange bis es wieder um die Lösungen zu echten Problemen geht. Politik hat nicht die Aufgabe, die Politiker im Amt zu halten, sondern die Probleme für die Bevölkerung, welche sie gewählt hat, zu lösen.
Hell ist es um diese Jahreszeit selbst kurz vor sechs noch lange nicht. So hüllt das gedämmte Licht und die Kerzen auf dem Tisch ihn in eine gemütliche Stimmung. Würde es in diesen Breiten mehr schneien wie regnen, könnte fast von einer besinnlichen Stimmung gesprochen werden. Aber es ist, ehr kalt und shietwedder. Ungemütlich draußen, aber unter der Wolldecke mit einem Tee in der Hand, lässt sich ein solch verfrühter Morgen genießen. Überall sieht er die Weihnachtsbeleuchtung an den Straßenlaternen. Ja auch im eigenen Fenster hängen leuchtende Sterne. Obwohl er doch an diesen ganzen Christen-Kram, Gott und so nicht glaubt. Das da ein Gottessohn auf Erden die Menschen erleuchten wollte. Gestorben und wieder auferstanden ist. Nee, dieses einzigartige Wesen, das unsere Geschicke lenkt…
Nicht seine Denke. Als studierter Biologe fällt es ihm schwer, einem Zauber-Wesen die Verantwortung für diese Welt zu geben. Mag sein, dass es mehr gibt, als er auf dem Schirm hat. Aber ein Gott, den ich bitten kann, sich um mich zu kümmern, mag hilfreich sein, aber definitiv nicht real.
So ein paar Gedanke, die ihm beim Anblick der Kirche auf der anderen Straßenseite kommt.
Ist der Mensch so schwach, dass er ohne Strukturen und Unterordnung als Gesellschaft, als Gruppe nicht lebensfähig ist. Braucht es Führer, die uns Menschen in Schranken halten. Oder sind es nicht eher diese Führer, die das Schlechteste im Menschen an den Tag bringen. Die sie anstacheln, ihre Bequemlichkeit zu verlassen, um für sie, in ihrem Namen Macht anzuhäufen. Wissen wir doch, dass Führer jemanden zum Führen brauchen. Sonst funktioniert das Konzept: „Ihr macht, was ich euch sage“, nicht.
Morgens um sieben sind schon viele Autos unterwegs, das Leben auf der Straße nimmt Fahrt auf. In den Bussen sitzen immer mehr Menschen, bis in kurzer Zeit die überfüllten Schülerbusse an seinem Fenster vorbeifahren. Dann sollte es langsam hell werden. Bis dahin wird es etwas dauern. So bleibt noch Zeit für Musik und Tee. Nach drei Stunden werden die Augen schon schwer. Ist er doch viel zu früh aufgestanden. Egal jetzt erste mal die Musik genießen: „Looking back and hoping for the freedom“. „If you could hear me now, singing softly through the night“ sind die Textfetzen, die seine Ohren erreichen. Etta James vorm Frühstück ist ein genialer Start in den Tag.
Schon verrückt, wie Musiker es schaffen den Nerv ganzer Generationen zu treffen. Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern zum Tanzen und Träumen zu bringen. Vielleicht sollte Rhythem and Blues mehr Einfluss auf das Weltgeschehen bekommen. Wie war das: Menschen die zusammen tanzen können nicht… Der Weg, der uns zum Friedlichen miteinander bewegen könnte. Bringt die Musik dem Menschen das Zusammengehörigkeitsgefühl, das uns sonst immer fehlt. Musik und Kunst als das verbindende Glied. Es gibt schlechtere gemeinsame Nenner, um diese Welt zusammen zu führen.
Um sechs geht die Heizung im Haus an. Schön, dass es langsam wärmer wird. Noch schöner, die Option eine wärmende Heizung zu haben. Millionen, nein Milliarden haben diese Chance auf Wärme nicht. Glück gehabt!
Zeit zu frühstücken!